Lizzy

Ein Lächeln ist der schönste Lohn

Lizzy ist seit sechs Jahren bei der Tafel Gießen. Damit ist sie in der Einrichtung der Diakonie im Leimenkauter Weg zwar noch kein Urgestein. Aber die Chilenin ist mittlerweile eine wichtige Stütze im großen Team. 1969 kam sie nach Deutschland. Jetzt ist sie 57 Jahre alt. Und als Rentnerin wollte sie noch mal anpacken. Auf der Suche nach einer neuen Aufgabe ergab sich zufällig auch ein Kontakt zur Tafel Gießen. Die Tafel-Devise „Lebensmittel retten, Menschen helfen“ zündete bei ihr, denn an der allgemeinen Lebensmittelverschwendung störte sie sich schon lange. „Ich bin erzogen worden mit Nahrung und Lebensmittel sorgsam umzugehen,“ erzählt Lizzy bei einer ihrer wöchentlichen Touren, als sie die portionierten Kisten zu den Bedürftigen ausfährt. Mittlerweile ist sie ziemlich routiniert und zeigt dabei eine große Leidenschaft.

Aber bevor sie im sogenannten Bringdienst der Tafel eingesetzt wurde, war die Chilenin in der Sortierung beschäftigt. Früh am Morgen werden hier im Leimenkauter Weg die angelieferten Lebensmittel (Obst und Gemüse) sortiert und in Kisten portioniert. Die Brote und die gekühlte Ware, wie verpackte Wurst, Käse und Joghurt, ergänzen die Warenkörbe und werden aufgeteilt. Hier in der größten Abteilung lernt Lizzy auch viele Kollegen kennen. „Eine tolle Gemeinschaft,“ ist ihr Zeugnis. Manchmal bis zu zwölf Leute sind täglich im Einsatz, die für die Region täglich zwischen 155 und 170 Portionen zusammenstellen. Dazu kommen weitere 80 Körbe, die einmal wöchentlich für die Tafel in Lollar bestückt werden müssen. Lizzy macht beides gerne, ist gerne bei der Sortierung, aber auch im Bringdienst. „Jeder Dienst für sich hat etwas Besonderes.“ Ihren Einsatzrhythmus hat sie vor zwei Jahren gefunden. Dienstags steht der Bringdienst zwischen 12:30 Uhr und 15 Uhr auf dem Einsatzplan. Mittwochs ist Lizzy zwischen 9 Uhr und 13:30 Uhr im Sortierdienst. In dieser Gruppe lobt sie die große Gemeinschaft.

Es ist Dienstag, kurz nach 12 Uhr. Lizzy kommt auf das Gelände, fährt mit dem kleinen Kastenwagen an die Rampe, checkt die Route und sortiert die Körbe auf der Ladefläche. Zehn Adressen müssen heute angesteuert werden. Da passt es, dass Axel ihr heute assistiert. Der 69-jährige Rentner ist seit Februar bei der Tafel regelmäßig im Ehrenamt und begleitet Lizzy auf der Tagestour. Mittlerweile sind sie ein eingespieltes Team. In der Weststadt an der Wohnungstür ist gegen 13 Uhr Mavyna in Wartestellung. Die betagte Rentnerin nimmt ihren Warenkorb und dankt der Tafel-Botin. Sie bezahlt ihre Lebensmittel mit einem Lächeln. Für Lizzy ist das die schönste Währung.

Noch zwei weitere Hilfsbedürftige steuern Lizzy und Axel in der Krofdorfer Straße an, bevor ihre Tour sie zu einer Frau in die Frankfurter Straße führt. Es folgen die Lieferungen in die Rehschneise und in den Anneröder Weg. Weiter geht es an diesem Mittag in die Curtmannstraße, in die Marburger Straße und in den Hölderlinweg. Lizzy erzählt, dass sie in der Innenstadt mittlerweile die besten Routen kennt. Wo sind Baustellen und Umleitungen? Wo stehen die meisten Ampeln? Sie kennt sich aus, denn auch auf den privaten Touren mit dem Roller außerhalb des Dienstes denkt sie an die Tafel und sucht nach den idealen Strecken. Nur um im Sinne der Tafel Zeit und Sprit einzusparen.

Kurz nach 15 Uhr sind beide mit ihrem Kleintransporter wieder im Leimenkauter Weg und beenden entspannt ihren Job. Lizzy ist einmal mehr zufrieden mit sich und der Tafel. Und zurückhaltend beschreibt sie am Ende unserer Tour ihre Motivation, sich bei der Tafel zu engagieren. So könne sie der Gesellschaft etwas zurückgeben. Einer Gesellschaft, in der sie vor über 40 Jahren eine neue Heimat gefunden hat, und der sie sehr viel zu verdanken hat. (Text und Fotos: Peter Hillgärtner)